Donnerstag, 22. August 2024

 Parenzana

Die rote Erde Istriens - immer schon ein Sehnsuchtsort, sei es zum Mountainbiken, Baden, Klettern, oder einfach nur als Reisedestination, um Sonne und mediterranes Flair zu tanken, durch malerische Altstädte zu flanieren und die legendäre Kulinarik Istriens zu genießen.

   
 "Parenzana" steht für die legendäre Schmalspurbahnstrecke, die während der KuK Zeit gebaut wurde und von Triest nach Porec (italienisch "Parenza") führte. Gleichsam als Lebensader für das wilde istrische Hinterland, war sie bis 1935 in Betrieb und hat eine bewegte Geschichte hinter sich.


 2006 begann das Wiederbelebungsmodell der Parenzana, nämlich die ehemalige Bahnstrecke in einen 130km langen Radweg umzuwandeln, der Italien, Slowenien und Kroatien verbindet und die alte Bahntrasse sowie die zahlreich erhaltenen Tunnels und Viadukte der Eisenbahnlinie nützt.


 Wir starteten unser Parenzana Projekt in Muggia, einer kleinen italienischen Hafenstadt im venezianischen Stil, am Golf von Triest gelegen, und von dort auch mit der Fähre erreichbar.

Beseelt von einer gewissen Grenzverrücktheit sattelten wir unsere Reiseräder samt Packtaschen mitten in der ärgsten Augusthitze bei 35° im Schatten, hatten uns die Strecke aber immerhin auf drei gemütliche Tagesetappen eingeteilt. Genügend Zeit also, um die Landschaft zu genießen, erholsame Pausen in den beschaulichen Orten entlang der Strecke einzuplanen und bei jeder sich bietenden Gelegenheit ins Meer einzutauchen.


 Wenige Kilometer nach Muggia verlassen wir bereits Italien und fahren auf schönen Bahntrassenwegen durchs Hinterland von Koper, dem einzigen Handelshafen Sloweniens an der Adria.


 Danach führt der Weg die Küste entlang, an zahlreichen gut besuchten Badeplätzen vorbei, über Izola, wo wir eine Pause in der Altstadt einlegten, und zuletzt durch einen 500m langen, gut beleuchteten ehemaligen Bahntunnel in den bekannten istrischen Badeort Portoroz, schon zu Habsburgzeiten ein beliebtes Seebad.

Um unser erstes Tagesziel zu erreichen, verließen wir die Parenzana Route kurzzeitig und fuhren, an den zahlreichen großen Hotels von Portoroz vorbei, die Küstenstraße hinaus, in die pittoresk auf einer Halbinsel gelegene Stadt Piran, die "Perle der Adria", die als schönstes Küstenstädtchen an der slowenischen Adria gilt.

Unsere Unterkunft, das Hotel Piran mitten in der Altstadt, erweist sich als Glücksgriff. Wir genießen das venezianische Flair Pirans, den Sundowner auf der Hafenzeile, und beschließen den Abend mit Blick von der hoteleigenen Rooftop-Bar.

Tag zwei führt uns entlang der berühmten Salinen von Secovlje an die kroatische Grenze, wo wir uns für längere Zeit vom Meer verabschieden und die Parenzana Route hinauf ins rauhe, gebirgige Hinterland Istriens führt.

Während die Radwege auf slowenischer Seite großteils asphaltiert waren, geht es jetzt über Schotter und Sand auf ruppiger Oberfläche weiter. Die Hitze ist ein limitierender Faktor, wir begegnen hier nur vereinzelt andere Radfahrer, mit denen wir uns um die raren Schattenplätze matchen.

Die Schönheit der Landschaft, die mediterrane Vegetation mit Kiefernwäldern und grüner Macchia, sind aber Motivation genug, die einsame Bergstrecke der ehemaligen Schmalspurbahn zu erkunden.

Mittags erreichen wir Groznjan, jenes märchenhaft idyllisch gelegene alte Bergdorf hoch über dem Mirnatal, das heute, großteils renoviert, als bedeutende Künstlerkolonie gilt. Hier vorbeizufahren wäre unverzeihlich, und so legen auch wir eine verdiente mehrstündige Pause ein, stärken uns in einer Taverne am Hauptplatz im Schatten hoher Bäume, streifen durch die engen, steingepflasterten Gassen und besuchen die zahlreichen Kunstläden.



 Der Weiterweg hinab ins Mirnatal, ein Gefälle, das zu bewältigen die alte Bahn über 20km benötigte, ist ein einzigartiger Fahrrausch. Praktisch nur bergab, über zahllose Viadukte und durch finstere Tunnels, schlängelt sich die Trasse den Berghang entlang, mit Weitblick ins Tal, auf friedlich im Wald verstreute kleine Bauerndörfer und, als besonderer Blickfang, auf das prominent auf einem Bergkegel thronende, bezaubernde Motovun, dem wohl berühmtesten Bergdorf Istriens.




 

Im Tal der Mirna angelangt, checken wir im verschlafenen Ort Livade bei unserem Nachtquartier, Restaurant Zigante, ein. Es war uns beim Buchen des Zimmers nicht bewusst dass es sich hierbei um das bekannteste Trüffelrestaurant Istriens handelt. Dieser teuerste aller Speisepilze findet hier, im nahen Wald von Motovun, ideale Böden zum Wachsen und Gedeihen und wird nächtens von einheimischen Sammlern mit Hilfe von Trüffelhunden aufgespürt.

Wir gönnen uns ein mehrgängiges Abendmenü, das auf diese einzigartige istrische Spezialität aufbaut, werden außergewöhnlich kulinarisch verwöhnt, mit dazupassender Weinbegleitung und großartig betreut vom freundlichen Service. Ein wohl hochpreisiges Vergnügen, das aber fürwahr jeden Euro wert war.

Tags darauf verlassen wir das Mirnatal Richtung Motovun, ein Umstand, der  Bergaufhöhenmeter unvermeidlich macht, aber aufgrund der Bahntrasse, die den Berg von Motovun nahezu komplett umrundet, eine moderate Steigung aufweist.

 Wir ersparen uns diesmal die zusätzliche Auffahrt zum ganz oben gelegenen Ortszentrum, weil wir Motovun bereits von unserem letztjährigen Istrienbesuch kennen und verfolgen die Parenzana Trasse weiter Richtung Porec, immer dem Meer entgegen.

   Erneut einsamste Wege durch grüne istrische Wälder, mehrere Täler auf hohen Viadukten überquerend. Die Erde unter uns knallrot vom hohen Eisengehalt. Wir selbst, unsere Räder und unser Gepäck mittlerweile von dicker Staubschicht überzogen.

 

Eine Landschaft mit Charakter, die es wert ist zu beradeln, einzig vermissen wir ein wenig die ein oder andere Einkehrmöglichkeit auf ein erfrischendes Getränk. Bei Vizinada ereichen wir den Scheitelpunkt des heutigen Tages, nach Groznjan der zweithöchste Punkt an der Parenzana überhaupt.

Ab hier geht es tatsächlich nur mehr bergab nach Porec, das wir, wie der Zufall so spielt, direkt an einem netten Strandrestaurant mit angrenzendem Badeplatz und schattigen Liegeflächen erreichen.

Uns erwartet eine weitere malerische Adriastadt, hier sogar mit Weltkulturerbestatus, und ein voller weiterer Tag am Badestrand, bevor wir uns per Taxi nach Triest retour shutteln lassen.