Montag, 25. November 2013

Nationalpark Thayatal Runde

40km, 750Hm
Ausnahmsweise einmal unterwegs auf einer "offiziellen" Radrunde: 
im Nationalpark Thayatal, hoch im Norden bei Hardegg. 
Ein länderüberschreitendes Raderlebnis, mit weissen Blümchen auf grüner Tafel liebevoll markiert. Überraschende Geländeabschnitte auf der tschechischen Seite erfreuen auch den Mountainbiker. Unverschämter Reichtum an Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke, und an spektakulärer Landschaft kaum überbietbar.

Einstieg an besten beim Nationalparkhaus nahe Merkersdorf, wo man sich nach der Rückkehr sowohl geistig (Ausstellung, Wildkatzengelände) als auch kulinarisch stärken kann (nettes TerrassenCafe-Restaurant). Steile Straßenserpentinen führen hinab ins tief an der Thaya gelegene Hardegg, der kleinsten Stadt Österreichs, über deren Dächern spektakulär die Burg Hardegg und der Reginafelsen thronen. Über die Thayabrücke verlassen wir österreichischen Boden, und, man hat es schon geahnt, die zuvor vernichteten Höhenmeter müssen unmittelbar bergauf wieder wettgemacht werden. Nachdem der steilste Teil des Anstieges erledigt ist, besteht die Möglichkeit eines lohnenden Abstechers nach links zur eindrucksvollen Hardegger Warte. Danach gehts geradeaus nach Cizov, dem tschechischen Nationalparkzentrum. An der Ortseinfahrt sieht man die Reste des Eisernen Vorhanges, als Mahnmal und Freilichtmuseum belassen. Wir fahren durch den Ort, danach gehts über eine kurvige Landstraße bergab zu einer Brücke im Talgrund, wo wir die Straße nach rechts auf einen Waldweg verlassen. An einem Fischteich vorbei, folgen wir schönen, wald- und wiesenreichen Geländeabschnitten bis nach Lukov, einem Dorf, wo die Zeit stehengeblieben scheint. Bald danach passieren wir die Abzweigung zur Ruine Neuhäusl. Dieser Abstecher lohnt allerdings nur, wenn man die Ruine besichtigen möchte, was nur im Rahmen einer Führung möglich ist. Kurz danach ein überraschender Downhill in einen Waldgraben mit abschliessender Bachdurchfahrt und wieder bergauf aus diesem hinaus. Einer der anspruchsvollsten Abschnitte dieser Runde, wo man sich freut, ein Geländebike unterm Hintern zu haben.
Es folgt ein langer, schnurgerader Waldweg, der exakt der Linie des ehemaligen Eisernen Vorhanges entlangführt. Nachdem die scheinbar endlose Gerade doch noch um die Kurve biegt, trauen wir bald unseren Augen nicht. Denn wir erkennen tief unten, sowohl links als auch rechts von uns den Flusslauf der Thaya. Die Lösung dieses verwirrenden Orientierungsrätsels: wir befinden uns am Kamm eines Umlaufberges, um den die Thaya eine weite Schleife macht. Diese Passage ist ein landschaftliches Highlight, das man unbedingt einmal gesehen haben muss. Hier anzuhalten und die Tiefblicke zu inhalieren, ist unvermeidbar. Unmerklich verlieren wir an Höhe, bis die Abfahrt schliesslich steiler wird und in die Weinberge des Weingut Sobe führt. Ein Schild warnt vor der folgenden Steilpassage und fordert die Radtouristen zum Absteigen und Schieben auf. Wer mit dem MTB unterwegs ist, kann getrost im Sattel bleiben und an der felsigen Abfahrt seine Fahrtechnik testen. Eine schmale, schwingende Hängebrücke bringt uns sodann über die Thaya, ein Erlebnis, das man sonst wohl nur irgendwo im Regenwald hat.

Wir wissen bereits, am Thayaufer zu sein, bedeutet wieder Bergaufhöhenmeter. So geht es auch jetzt steil bergauf in den schön gelegenen Ort Hnanice. Wir umrunden den Dorfteich und gelangen durch die Weinberge völlig unmerklich über die "grüne" Grenze zurück nach Österreich. Unvermittelt stehen wir vor dem Heiligen Stein. Ein uralter Kultplatz mit Kapelle und halbkreisförmiger Aussichtsterrasse, welche die Fundamente einer ehemaligen Wallfahrtskirche umschliesst. Danach führt die offizielle Radrunde etwas unspektakulär auf Asphalt über Niederfladnitz und Merkersdorf zum Ausgangspunkt zurück.
Ich persönlich bevorzuge die lange Waldstrecke über den Retzer Galgen. Mein schlechtes Gewissen diesbezüglich hält sich in Grenzen, da man sich hier ausserhalb der Nationalparkgrenzen bewegt. Der Retzer Galgen liegt auf einer Anhöhe mitten im Wald, etwas abseits des Hauptweges(Wegweiser). Es sind noch zwei hohe Steinsäulen erhalten. In alten Zeiten war diese Anhöhe baumfrei, die armen Delinquenten baumelten hier weithin sichtbar, zur Abschreckung. Noch heute, inmitten dieser Waldeinsamkeit, ist es ein irgendwie unheimlicher Ort. 
Ängstlichere halten sich also besser an die Asphaltroute, so oder so stellt sich die Zufriedenheit eines gelungenen Radtages ein, sobald man auf der Terrasse des Nationalparkcafes sitzt.
        Ich empfehle diese Runde speziell im Herbst, wenn die Thayawälder golden leuchten.

Wer eine höhere Tageskilometerleistung braucht, kann diese Tour um die interessante Nordschleife erweitern: In diesem Fall fährt man in Hardegg nicht über die Thayabrücke, sondern nimmt die Straße bergauf nach Felling. Dort Grenzübertritt mitten in der Pampa, den Weg nach Vranov nehmen, vorbei am Schloss Vranov und über die Staumauer des Stausee Vranov, bergauf nach Lesna. Es folgt eine längere Walddurchfahrt bis nach Cizov, wo wir in die alte Runde einbiegen.
In diesem Falle darf man 56km und 990Hm erwarten.