Mittwoch, 22. Juni 2022


 Grenzgang 

 

Eine zweitägige Radreise von Drosendorf im Waldviertel, mal diesseits, mal jenseits der Grenze, zur südmährischen Stadt Znaim und weiter nach Retz im niederösterreichischen Weinland.

Unseren Ausgangspunkt erreichen wir im Reblausexpress, einem archaisch-nostalgischen Schmalspurbahnerlebnis. Es rüttelt und rattert und quietscht wie in alten Zeiten und man muss seinen Spritzer aus dem Heurigenwaggon schon ordentlich festhalten, daß man nichts verschüttet.

Drosendorf liegt an der Thaya und ist eine der letzten Stadtmauernstädte. Unsere Radroute führt uns über die alte Poststraße hinaus, vorbei an den Bergwerkseen von Langau und dem blasmusikbeschallten Feuerwehrkirtag von Riegersburg, in das Perlmuttdrechslerdorf Felling. Hier überschreiten wir die grüne Grenze hinüber zum nördlichen Nachbarn, zu Schloss und Stausee Vranov.

Schloss Vranov ist ein sehenswertes Barockjuwel auf einem Felsen hoch über der Thaya. Der berühmte Barockbaumeister Fischer von Erlach hatte hier seine Hände im Spiel.

Der nahegelegene 30km lange Stausee Vranov bietet alles an Wassersport, von B wie Baden bis W wie Windsurfen, und wird gern als die Adria Südmährens bezeichnet. Dass durch seine Erbauung vor gut 80 Jahren der Tourismus in den beliebten Thayabädern flussabwärts, wie in Hardegg, zum Erliegen kam, ist die Kehrseite.

Nach einer Mittagsrast am Stauseeufer folgen wir dem Nebenarm der Thaya bergauf, vorbei an unzähligen Fischerhütten und Ferienhäuschen, und gelangen so an den Rand des grenzüberschreitenden Nationalparks Thayatal. Durch dessen tiefe Wälder nähern wir uns der, fantastisch am Thayaabbruch gelegenen, Altstadt von Znaim.

Was unsere nördlichen Nachbarn wirklich auszeichnet, ist deren Bierkultur. Jedes noch so kleine Standl am Wegrand bietet erstklassiges, kühles Bier vom Fass. Eine Versuchung, die bei unserer Radeinheit kaum Durst aufkommen lässt und über den Tag verteilt zu einem beachtlichen Konsum an isotonischen Hopfengetränken führt :-)

Wir nächtigen in einem ehemaligen Znaimer Klostergebäude, dessen Balkon einen Panoramablick bis weit in österreichische Lande hinein bietet. Beeindruckendes nächtliches Wetterleuchten zeugt von schweren Unwettern in der Heimat.

Am zweiten Tag verlassen wir Znaim in derselben Richtung aus der wir gekommen sind, folgen einem idyllischen Waldgraben bis Masovice und durchqueren den Nationalpark Richtung Süden.

Es erwartet uns eins der besten Landschaftserlebnisse, das man mit dem Rad überhaupt haben kann: der spektakuläre Sobes- Umlaufberg, an dessen Kamm man beidseits hinab zur Thaya sieht, und die Abfahrt hinunter zur einzigartigen Thayahängebrücke.


Über den Heiligen Stein erreichen wir in Kürze Retz. Die obligate Einkehr zum Apres Bike am dortigen Hauptplatz ist für mich jedesmal ein Stück Urlaub.