Dienstag, 16. Juni 2015

Reise zum See


Frage: Was macht ein Mountainbiker an einem tropisch heissen Sonntag?
Baden gehen natürlich, wie alle anderen auch.
Damit das Ganze aber auch seinen Reiz hat, wählt er einen möglichst weit entfernten Badesee und packt die Anreise in eine ordentliche Mountainbiketour. Daraus wird dann folgendes:
66km von Rohrbach im Weinviertel über den Manhartsberg ins untere Kamptal, rauf ins Waldviertelhochland und hin zum Dobrastausee, dem mittleren der drei Kamptalstauseen. Alles offroad, wie sichs gehört. 
Mit den unzähligen Bergen und Hügeln war der Höhenmesser überfordert und zeigte 1.950 Höhenmeter, 1.400m bergauf werden es schon gewesen sein.


 Die erste Hälfte der Tour, 34km über Maissau nach Gars am Kamp, verlief noch sehr flüssig und war in 1h45min. erledigt. Wohlbekannte Highlights hierher sind die Wälder des Maissauer Berges, die lange Abfahrt am Westhang des Manhartsberges entlang des Graslweges, und der Maierschberg über Gars mit Kamptalblick und Trailfreuden.
Ich bezeichne das Waldviertel jenseits des unteren Kamptals gerne als den "Wilden Westen", das hat sich heute wieder bestätigt: was mich die 32 km der zweiten Tourenhälfte beschäftigt haben, kann durchaus mit dem Prädikat "wild" umschrieben werden, und aus dem vermeintlichen "zum See Rollen" wurde ein eindrucksvolles Outdoorerlebnis, das mich noch weitere 3 Stunden fordern sollte.


Testpiece Nr.1: der schmale Steig über die Ruine Gars zum Tabor. Ein Wegstück, das ich bergauf noch nie fahren konnte, und heute sollte es nicht anders sein. Oben weiter nach Wolfshof und gemütlich über Wanzenau zum Landgasthof Hagmann.
Beim Haus gegenüber beginnt ein verblasst blau markierter Wanderweg Richtung St.Leonhard am Hornerwald. Der freundliche Hausbewohner erklärt mir noch, dass der Weg "a weng eingwochsn" sein kann, was keine Übertreibung war. Testpiece Nr.2 also: Wie bekomm ich mein Rad durch ein Dickicht von meterhoch querliegenden, verwachsenen Baumleichen?
Ein wenig ramponiert erreicht man also die Straße im Talgrund, wechselt die Seite und schraubt sich einen schönen, schattigen Grabenweg kontinuierlich bergauf nach St.Leonhard. Mit 582m Seehöhe thront der Ort oben am Berg und ist der höchste Punkt des Tages. Bergab gehts in den nächsten Graben und gleich wieder steil bergauf nach Wilhalm.
Es folgt Testpiece Nr.3: die Überquerung des Brunnetbachgrabens. Ein höhenmetervernichtender Downhill bringt in die Grabensohle. Am tiefsten Punkt angelangt, kann man, so wie ich, den offensichtlichen Weg talein verfolgen, der sich aber bei einer verfallenen Hütte als Sackgasse erweist und zur Umkehr zwingt. Besser ist, man quert gleich durch meterhohe Brennessel und Sumpf die Grabenseite, auch wenn kein Weg erkennbar ist. Ein, zwei Markierungen und ein schmaler Holzsteg über den Bach zeigen an, dass man richtig ist. 


Auf der anderen Seite angelangt, heißt es dann Rad schultern und dieses einen knapp 100 Meter hohen Steilhang hinaufbefördern, um oben glücklich nach Idolsberg zu rollen. Der malerische Ort erscheint wie eine Oase.
Ab hier kann ich potentiellen Nachfolgern nur eine Umfahrung über Eisenberg empfehlen, es sei denn, man braucht Adventure. Denn wenn man sich genau an die Markierungen hält, ist der Wanderweg durch den Schwarzbachgraben der ärgste Brennesseldschungel, den ich je erleben durfte.


Auf der, mit Klausenhof bezeichneten Anhöhe folgt man den hübschen Holzschildern Richtung Krumau und gelangt auf einen herrlichen, alle Mühen belohnenden Trail, der, mit Felspassagen garniert, hoch überm Thurnberger Stausee nach Krumau führt.


Am Seeufer, durchs Freizeitgelände, ins Ortszentrum und die Straße Richtung Rastenfeld ca. 2 km folgen bis zu Testpiece Nr. sowieso:
Durch die knapp hüfttiefe Kamp-Furt gilt es, ans andere Ufer zu gelangen. Also raus aus den Schuhen und barfuß durch den Fluss, Bike und Biker haben ohnehin eine Wäsche nötig.


Jenseits bergauf zur Ruine Schwarzenöd und weiter nach Schmerbach. 
Dieser letzte große Anstieg ist, wenngleich als offizielle Mountainbikestrecke beschildert, teils unfahrbar steil und kann somit auch als lohnende Rad"wanderung" durchgehen.
Am Schloss Wetzlas vorbei, geht es dann (fast) nur mehr bergab zum Dobrastausee. Ein paradiesischer Platz mit schöner Liegewiese und gemütlichem Gasthof am See. Auf der Halbinsel gegenüber thront majestätisch die Ruine Dobra.
Ich weiß nicht, was mehr gezischt hat: mein Sprung in den See oder der anschließende Radler im Gastgarten.
PS. Die Heimreise erledigte ich dann mit Car und Family. Wieder heimzuradeln, so crazy bin ich dann doch wieder nicht...